Hallo ihr Lieben,

wie ihr vielleicht mal mitbekommen habt, wollten wir einen Bagger mieten, um Arbeiten auf dem JuNaGa-Acker zu erledigen. (Was bis dato 20.10 nicht passiert ist, weil der gemietete Bagger zum geplanten Zeitpunkt in Reperatur musste….)

Mich hat das ganze sehr beschäftigt und daraus ist folgender Text entstanden, den ich gerne mit euch Lesenden teilen mag.

Den eigenen Idealismus realistisch neu denken

Oder; mein eigener idealistischer Struggle um das Bagger-Dilemma

Eine Gruppe von Menschen aus dem Gäst_innenhaus, einschließlich mir, sitzen vor dem unfertigen Gewächshaus in der Mitte des Jungle Naturgartens. Nur etwa 1/3 der Fläche des Gewächshauses ist mühsam per Hand ausgeschaufelt worden und das hat sehr viele Arbeitsstunden und Mühen gekostet. Mittlerweile wachsen überall drum herum Disteln, also angenehm ist das Buddeln da jetzt auch nicht.

Da fällt die Überlegung, die auch schon seit langen in der Luft schwebt. „Wieso nicht einfach einen Bagger mieten?“ So ein kleiner Bagger kostet nicht viel und könnte uns so viel Mühe erleichtern und wir könnten unsere Energien anders verwenden.

Es gibt viele Fürs und Wieders bezüglich dem Einsatz eines Baggers, und wir sprechen hier ja auch von einem wirklich kleinem Bagger.

In der Runde gab es wirklich wenige Bedenken wegen einem einmaligen Baggereinsatz damit wir endlich die ganzen Löcher graben können, die wir für unseren Permakulturgarten brauchen – für das Wasserreservoir und das Gewächshaus. 

Der Einsatz eines kleinen Baggers wird den Boden aller Voraussicht nach nicht sonderlich schädigen. Das Acker wurde jahrelang konventionell unter Einsatz großer und schwerer Maschinen bewirtschaftet, das Bodenleben ist dem zu Folge ebenso karg und der Boden sehr hart, lehmig und verdichtet. Pflanzen haben es sehr schwer. Ein Baggereinsatz wird das Bodenleben nicht verbessern, aber unsere Arbeit hin zu einer Regeneration des Bodenlebens erleichtern. Zudem stehen wir noch zu Beginn der Flächengestaltung, es ist noch nicht allzu viel getan und genau deshalb wäre dies ein idealer Zeitpunkt für einen Einsatz einer Maschine, je fortgeschrittener die Ackergestaltung ist, desto schwieriger und unethischer sehe ich den Einsatz einer solchen Maschine.

Aber vor allem, ist es eine riesige Arbeitserleichterung. Wir haben bereits mehrmals zu Arbeitseinsätzen aufgerufen, es wurde viel gebuddelt, aber die Bereitschaft der Menschen vor Ort für das Gewächshaus zu buddeln hält sich niedrig. Die wenigen Aktiven, die da Lust drauf haben, haben bereits sehr viel gebuddelt, aber sind auch in vielen anderen wichtigen Prozessen eingebunden, weshalb sie sich überfordert und alleingelassen fühlen mit dieser riesigen Baustelle.

Als eine erste Widerstandsabfrage vor Ort durchgeführt wurde zeigte ich einen Widerstand auf, und zwar meinen eigenen Idealismus, der in diesem Fall hart getroffen wurde. Dies hatte zu Folge das ich mich sehr intensiv mit meinen eigenen Idealen und Beweggründen auseinandergesetzt habe.

Der Einsatz eines Baggers widerspricht so hart meinen eigenen Idealen. Bagger und Baufahrzeuge sind für mich das Sinnbild der Naturzerstörung und das Bild des für mich verkörperten Bösen. Bagger sind das wogegen ich kämpfe. Das ist so tief in mir drin, wahrscheinlich auch befeuert durch meine aktivistischen Erfahrungen.

Ich sehe Bagger und ich hasse sie. Bagger zerstören unsere Wälder und unsere Umwelt. Und dann diese riesigen Kohlebagger von RWE.

Einen Bagger einzusetzen fühlt sich an, wie der Betrug meiner eigenen, tiefsten Ideale. Aber wieso ist das so?

Was sind meine Ideale?

Gehört die Ablehnung von jeglichen Maschinen und Werkzeugen zu meinen Idealen?

Eigentlich nicht, denn ich nutze Bohrmaschinen, Schlaghammer, Winkelschleifer, Autos und auch Traktor bin ich schon gefahren.

Bei dem Einsatz des Trekkers um ein Feld um zu pflügen hatte ich nur wenig bedenken, ich fand das sogar ganz cool.

Vielleicht habe ich auch ein Problem mit dem Mieten von einem Bagger, da ich das Gefühl habe, dass wir damit die Industrie der Baufahrzeuge unterstützen und das sind genau diejenigen, die die Autobahnbaustelle beliefern, in meiner Vorstellung vielleicht.

Vielleicht gibt es ja auch Baustellenfahrzeuge-Verleihbetriebe die cool sind? Menschen, mit denen wir solidarisch sind, die zufällig einen Bagger haben?

Als ich in späterer Runde mit Menschen über mein Bagger-Dilemma geredet habe, habe ich erfahren, dass es auch auf der Danni-Besetzung einen Bagger gab, mit dessen Hilfe Barrikaden ausgehoben wurden.

Mit diesem „bösen Ding“ wurden „gute Dinge“ getan.

Vielleicht sind es also die Menschen und nicht die Maschine, die die Umwelt zerstören. Vielleicht kann mit einem Bagger auch etwas Gutes erreicht werden, vielleicht können wir ja einen Bagger einsetzten, um der Natur im Endeffekt etwas Gutes zu tun.

Einen Bagger einsetzten auf dem Acker gegenüber der Trasse, nicht um Natur zu zerstören, sondern Natur entstehen zu lassen und regenerativ, transformativ und nachhaltig zu nutzen.

Am Ende sind es doch wir Menschen, die die Maschinen nutzen.

Jetzt stehe ich also vor dem Kampf meine ideale neu zu überdenken und realistisch neu zu bewerten. Ich will diesen Acker bewirtschaften, ich will das dieses Projekt klappt, aber inwieweit ist das Nutzen von Maschinen für mich vertretbar um dieses Ziel zu erreichen?

Muss ich mich der Realität stellen?

Und was ist diese Realität?